Bild 1 : In Bild 1a sehen Sie 2 Elementarzellen des NatriumchloridStrukturtyps. Bild 1b zeigt einen gleichgroßen Ausschnitt, in dem die Hälfte der NatriumIonen (violett) durch andere Ionen (hellblau) ersetzt ist. Die Ersetzung ist regelmäßig, wie im Text beschrieben. Aber sind in Bild 1b noch 2 Elementarzellen ? Antwort.
Stellen Sie sich eine Elementarzelle eines einfachen Strukturtyps vor. Es könnte zum Beispiel der NatriumchloridTyp sein, weil dort alles schön übersichtlich ist. Stellen Sie sich nun vor, dass von der einen Ionensorte jedes zweite Ion durch ein anderes ersetzt ist. Zum Beispiel könnte von den NatriumIonen jedes zweite, immer abwechselnd, durch ein anderes ersetzt sein. Die entstehende Kristallstruktur nennt man eine Überstruktur (engl. superstructure) des NatriumchloridTyps.
Bild 1 zeigt die Situation. Zuerst sehen Sie 2 Elementarzellen des NatriumchloridTyps. Die NatriumIonen sind violett, die ChlorIonen grün. Danach sehen Sie einen gleichgroßen Ausschnitt der Überstruktur. Von links nach rechts gehend, habe ich an den Ecken jedes zweite NatriumIon durch ein anderes, hellblau gezeichnetes, Ion ersetzt. Genauso sind die Ionen an den Würfelwänden abwechselnd violett (NatriumIon) und hellblau (anderes Ion).
Eine Überstruktur (engl. superstructure) entsteht, wenn in einer Kristallstruktur ein Teil der Ionen in regelmäßiger Weise durch andere Ionen ersetzt wird.
Im einzelnen erfahren Sie auf dieser Seite mehr über
Warum eigentlich soll gerade jedes zweite Ion in einer Elementarzelle ersetzt werden ?
Könnte nicht genauso gut jedes dritte oder vierte Ion, oder ein anderer übersichtlicher Bruchteil ersetzt werden ?
Und warum soll ein Ion gerade durch ein Ion ersetzt werden ?
Könnte es nicht genauso gut durch eine Gruppe aus 2 oder 3 oder mehr Ionen ersetzt werden ?
Und warum soll es überhaupt ersetzt werden ?
Könnte dort nicht genauso gut ein leerer Platz übrig bleiben ?
Und warum soll dieses Ersetzen abwechselnd oder sonst nach einer Regel erfolgen ?
Könnten die Ionen der einen Sorte nicht genauso gut zufällig, also regellos, ersetzt werden ?
Abgeleitete Strukturen heißen auf englisch derivative structures.
4 Fragen, eine Antwort. JA. Alle diese 4 Phänomene, die ich eben genannt habe, existieren tatsächlich. Man nennt solche Strukturen abgeleitete Strukturen (engl. derivative structures), denn sie sind ja von einer Grundstruktur durch Ersetzen oder ähnliche Prozesse abgeleitet. Ich beschreibe sie im folgenden, und ich nenne sie die Verwandten der Überstrukturen.
Bild 2 : In Bild 2a sehen Sie eine Elementarzelle des NatriumchloridStrukturtyps. Bild 2b zeigt die Elementarzelle eines abgeleiteten, substitutionellen Strukturtyps, in dem jedes ChlorIon durch ein Paar aus 2 hellblauen Teilchen ersetzt ist.
Hierher gehört natürlich die klassische Überstruktur (superstructure), die ich zu Beginn dieser Seite beschrieben habe. Überstrukturen können bei ionischen Verbindungen (zum Beispiel Salzen oder Metalloxiden) vorkommen. In diesem Fall wird ein Teil einer Ionensorte in regelmäßiger Weise durch eine andere Sorte von Ionen ersetzt. Dieser Teil ist oft die Hälfte, kann aber auch ein Viertel oder einen anderen Bruchteil betragen. Eine solche Überstruktur ist in Bild 1 gezeigt.
Überstrukturen können ebenso bei intermetallischen Verbindungen vorkommen. Das sind Verbindungen aus 2 oder mehr Metallen. Sie sind nicht aus Ionen, sondern aus Metallatomen aufgebaut, zumindest kann man sie gut mit einem Modell aus Metallatomen beschreiben. Bei der Bildung einer Überstruktur werden hier keine Ionen, sondern Metallatome ersetzt, wieder zu einem bestimmten Bruchteil und in regelmäßiger Weise.
Bei anderen substitutionellen Strukturen wird ein Ion nicht durch ein anderes Ion, ersetzt, sondern durch eine Gruppe aus 2 oder mehr Ionen. Ein Beispiel ist die fiktive Struktur in Bild 2. In Bild 2a sehen Sie nochmal eine Elementarzelle des NatriumchloridTyps. In Bild 2b ist jedes ChlorIon (vorher grün) durch ein Paar aus 2 hellblauen Ionen ersetzt.
substitionelle Struktur :
Ionen einer Sorte werden durch ein oder mehrere Ionen einer anderen Sorte ersetzt.
Bild 3 : In Bild 3a sehen Sie eine Elementarzelle des NatriumchloridStrukturtyps. Bild 3b zeigt die Elementarzelle einer abgeleiteten Defektstruktur, in der die Hälfte der Plätze der NatriumIonen (violett) unbesetzt bleibt.
Bei einer Defektstruktur fehlt ein Teil der Ionen einer Sorte. Das heißt, die Plätze einer Ionensorte bleiben zu einem bestimmten Bruchteil unbesetzt. Dieser Teil ist oft die Hälfte, kann aber auch ein Viertel oder einen anderen Bruchteil betragen. Die unbesetzten Plätze heißen Fehlstellen (engl. vacancies). Sie sind im Kristall in regelmäßiger Weise angeordnet.
Ein Beispiel zeigt Bild 3. In Bild 3a sehen Sie nochmal eine Elementarzelle des NatriumchloridTyps. In Bild 3b fehlt die Hälfte der NatriumIonen (violett gezeichnet), und zwar gerade die, die in der Elementarzelle auf halber Höhe sitzen. Das Entfernen der NatriumIonen hat Auswirkungen. In Bild 3b können Sie sie erkennen.
Zum einen sind nun doppelt so viele ChlorIonen (grün gezeichnet) wie NatriumIonen vorhanden, und damit doppelt so viele negative wie positive Ladungen. Da der Kristall elektrisch neutral sein muss, müssen zum Ladungsausgleich statt der einfach geladenen NatriumIonen zweifach positiv geladene Ionen vorhanden sein. In Bild 3b stellen die violetten Kugeln also zweifach positiv geladene Ionen dar, und die grünen Kugeln stehen für (doppelt so viele) einfach negativ geladene Ionen.
Außerdem sehen Sie, dass ein Teil der grünen Kugeln in Bild 3b als Nachbarn wieder grüne Kugeln hat, ohne eine violette Kugel dazwischen. Die grünen Kugeln stehen für negativ geladene Ionen, das heißt, dass ein Teil der negativ geladenen Ionen als nächste Nachbarn wieder negativ geladene Ionen hat. Diese stoßen sich gegenseitig ab. Das macht den Kristall weniger stabil, trotzdem wird er nicht zerfallen, denn es sind noch genug entgegen gesetzt geladene Ionen vorhanden, die sich anziehen.
Wie bei den anderen Arten abgeleiteter Strukturen, können Defektstrukturen auch bei intermetallischen Verbindungen auftreten. Da diese nicht aus Ionen, sondern aus Atomen bestehen, treten die eben beschriebenen Probleme mit dem Ladungsausgleich und der Abstoßung nicht auf, und Defektstrukturen können sich leichter bilden.
Defektstruktur :
Plätze einer Ionensorte bleiben teilweise unbesetzt.
Bild 4 : In Bild 4a sehen Sie eine Elementarzelle einer kubisch dichtesten Kugelpackung aus NatriumIonen. Bild 4b zeigt eine aufgefüllte Struktur. Sie ist aus der kubisch dichtesten Packung entstanden, indem deren Oktaederlücken mit ChlorIonen besetzt wurden.
Eine aufgefüllte Struktur enthält zusätzlich zu den bereits vorhandenen Ionen noch weitere Ionen. Die Orte, an denen sich diese zusätzlichen Ionen befinden, heißen Zwischengitterplätze (engl. interstitials).
Die Frage, die sich sofort stellt, heißt : Wo sind diese Zwischengitterplätze ? Im ersten Moment denkt man doch, dass die Ionen in einer Kristallstruktur so gut wie möglich, und das heißt so dicht wie möglich gepackt sind, und wo soll da noch Platz für zusätzliche Teilchen sein ?
Es ist auch wirklich nicht leicht, in die NatriumchloridStruktur noch weitere Ionen hineinzuquetschen. Ich stelle daher ein anderes, realistisches Beispiel vor. Die NatriumchloridStruktur ist nämlich selbst eine aufgefüllte Struktur. Man kann sie sich so vorstellen, dass, ausgehend von einer anderen Struktur (Grundstruktur), Zwischengitterplätze aufgefüllt wurden. Die Grundstruktur ist die kubisch dichteste Kugelpackung. Sie ist identisch mit der kubisch flächenzentrierten Kugelpackung. Die NatriumIonen nehmen diese kubisch flächenzentrierte Packung ein. Zwischen den Kugeln sind Lücken, nämlich Oktaederlücken und Tetraederlücken. Die Oktaederlücken werden von den ChlorIonen eingenommen. Die kubisch dichteste Kugelpackung aus NatriumIonen wurde also mit ChlorIonen aufgefüllt, und die Oktaederlücken übernehmen die Rolle der Zwischengitterplätze.
Bild 4 zeigt die Situation. In Bild 4a ist eine Elementarzelle der kubisch dichtesten Packung aus NatriumIonen (violett gezeichnet) zu sehen. Die NatriumIonen befinden sich an den Ecken und auf den Mitten der Seitenflächen, bilden also eine kubisch flächenzentrierte Packung. In Bild 4b sind die ChlorIonen dazugekommen. Jedes von ihnen ist regelmäßig von 6 NatriumIonen umgeben, ist also in einer Oktaederlücke. Bei dem ChlorIon in der Mitte des Würfels sieht man es am besten.
Wie bei den anderen Arten abgeleiteter Strukturen, können aufgefüllte Strukturen auch bei intermetallischen Verbindungen auftreten.
aufgefüllte Struktur :
Zusätzlich zu den vorhandenen Ionen kommen weitere Ionen auf Zwischengitterplätze.
In den vorigen Abschnitten ging es immer darum, dass in einer Kristallstruktur ein Teil der Ionen in regelmäßiger Weise ersetzt wurde. Bei fehlgeordneten Strukturen wird ein Teil der Ionen in zufälliger Weise durch andere Ionen ersetzt. Es kann auch ein Teil der Plätze einer Ionensorte nicht besetzt sein, oder es können zusätzliche Ionen auf Zwischengitterplätzen vorkommen, jedoch immer in unregelmäßiger, zufälliger Art. Man könnte solche Strukturen auch ungeordnet nennen, jedoch hat hat sich die Bezeichnung fehlgeordnet (engl. disordered) durchgesetzt.
Die fehlgeordneten Strukturen gehören nicht zu den abgeleiteten Strukturen. Wir werden bald sehen, warum.
Bild 5 : Die violetten Kugeln bilden eine kubisch flächenzentrierte Struktur. Die Oktaederlücken (Mitten der 12 Würfelkanten und Würfelmitte) sind zu 28 % mit hellblauen Kugeln belegt. Auf den 13 Positionen sind also im Durchschnitt 3,64 Kugeln. In den 6 gewählten Ausschnitten sind es durch Zufall mal mehr, mal weniger.
In abgeleiteten Strukturen ist immer ein einfacher Bruchteil der Ionen einer Sorte ersetzt. Das ist leicht zu verstehen, denn Elementarzellen sind oft klein und enthalten nur wenige Ionen einer Sorte, zum Beispiel 2, 3 oder 4. Wird ein Ion in einer solchen Elementarzelle ersetzt, wird die Hälfte, ein Drittel oder ein Viertel aller Ionen im Kristall ersetzt.
In fehlgordneten Strukturen ist das anders. Bei jeder Position (im gesamten Kristall, nicht in der Elementarzelle) entscheidet allein der Zufall, ob das Ion, das dort seinen Stammplatz hat, ersetzt wird oder nicht. Es ist also leicht möglich, zum Beispiel 8 Prozent oder 42 Prozent der Ionen einer Sorte durch andere zu ersetzen. Eben habe ich eine fehlgeordnete substitutionelle Struktur beschrieben. Ganz ähnlich sieht es bei einer fehlgeordneten Defektstruktur aus. Hier entscheidet der Zufall, ob an einer bestimmten Position ein Ion sitzt oder nicht. Es ist also leicht möglich, zum Beispiel 8 Prozent oder 42 Prozent der Plätze einer Ionensorte zu besetzen. Bild 5 veranschaulicht eine solche Struktur.
Wie kann man eine fehlgeordnete Struktur möglichst geschickt beschreiben ?
Die klassische Elementarzelle, aus der durch endlose Aneinanderreihung in alle 3 Raumrichtungen der Kristall entsteht, taugt hier nicht viel. So ergibt sich ein regelmäßig aufgebauter Kristall, aber bei einer fehlgeordneten Struktur ist der Aufbau nicht regelmäßig.
Sieht man genauer hin, erkennt man, welche Aussagen über die Elementarzelle man übernehmen kann und welche nicht.
Die Positionen : Immer bleiben die Positionen, die durch Ionen besetzt werden, gleich. In den vielen Teilen von Bild 5 sehen Sie immer wieder einen Ausschnitt, der einer Elementarzelle der kubisch flächenzentrierten Struktur entspricht, und jedesmal sind die Ecken des Würfels und die Flächenmittelpunkte besetzt. Weitere Positionen, die in Bild 5 durch Ionen besetzt werden können, liegen auf den Mittelpunkten der 12 Würfelkanten sowie im Mittelpunkt des Würfels. Zur Beschreibung wird man sicher diese Positionen nutzen.
Die Art der Ionen : Unterschiedlich ist dagegen die Art der Ionen, die auf den einzelnen Positionen sitzen. In der Kristallstruktur von Bild 5 bilden die violett gezeichneten Atome eine kubisch flächenzentrierte Packung. Das heißt, die Würfelecken und die Flächenmittelpunkte sind von violetten Kugeln eingenommen. Weiter sind 28 Prozent der Oktaederlücken mit hellblau gezeichneten Atomen besetzt. Die Oktaederlücken und damit die Plätze, die für hellblaue Kugeln möglich sind, befinden sich auf den Mittelpunkten der 12 Würfelkanten sowie im Mittelpunkt des Würfels. Im gesamten Kristall sind 28 % dieser Plätze von hellblauen Kugeln eingenommen, die übrigen 72 % der Plätze bleiben frei. Es liegt also eine Defektstruktur vor. Da sie fehlgeordnet ist, sind zwar im gesamten Kristall 28 % der Plätze besetzt, nicht jedoch in jedem gezeichneten Ausschnitt. Die hellblauen Kugeln sind ja zufällig auf die freien Plätze verteilt, und so sind in einigen Teilen von Bild 5 mehr als 28 % belegt, in anderen weniger.
Man beschreibt solche Verhältnisse mit einem Belegungsfaktor (engl. occupancy). Das heißt, man gibt bei jeder Position an, zu welchem Bruchteil sie mit dem Ion A besetzt ist und zu welchem Bruchteil mit B. Bei fehlgeordneten Defektstrukturen und bei fehlgeordneten aufgefüllten Strukturen sind einige Positionen überhaupt nur zu einem Bruchteil mit Ionen besetzt, der Rest ist unbesetzt. Hier gibt der Besetzungsfaktor den Bruchteil der besetzten Positionen an. So hat zum Beispiel die Struktur von Bild 5 in Position (0/0/0) (eine Würfelecke) den Belegungsfaktor 1,00, denn diese Position ist vollständig mit violett gezeichneten Atomen belegt. Dagegen hat die Position (0,5/0/0) (einer der Kantenmittelpunkte) den Belegungsfaktor 0,28, denn diese Position ist zu 28 % mit hellblau gezeichneten Ionen belegt. Natürlich haben auch alle anderen Positionen auf den Mittelpunkten der Würfelkanten und die im Mittelpunkt des Würfels einen Belegungsfaktor von 0,28.
Wie bei den abgeleiteten Strukturen, können fehlgeordnete Strukturen aus Ionen oder Atomen gebildet werden.
Die Positionen der Ionen in der Elementarzelle konnten wir von den nichtfehlgeordneten Strukturen (sie heißen natürlich geordnete Strukturen, engl. ordered structures) übernehmen. Die Art der Ionen auf den Positionen konnten wir auch übernehmen, nur der Belegungsfaktor kam dazu. Die Elementarzelle der fehlgeordneten Struktur ist deshalb dieselbe wie die der geordneten Struktur. Wenn die Elementarzelle dieselbe ist, sind auch dieselben Symmetrieelemente darin vorhanden. Fehlgeordnete und zugehörige geordnete Strukturen haben dieselbe Elementarzelle und dieselbe Symmetrie. Bei den abgeleiteten Strukturen ist das nicht der Fall, wie weiter unten erklärt wird. Deshalb gehören die fehlgeordneten Strukturen nicht zu den abgeleiteten Strukturen.
Bei geordneten Strukturen kann man eine Elementarzelle zeichnen. Man weiß, der gesamte Kristall ist aus genau solchen Zellen zusammengesetzt. Bei fehlgeordneten Strukturen ist die Belegung der Positionen der Elementarzelle mit Ionen oder Atomen zufällig. Ein Bild einer Elementarzelle kann immer nur ein zufälliger, beispielhafter Ausschnitt sein. An anderen Stellen des Kristalls ist die Verteilung der Ionen auf die einzelnen Positionen anders, zufällig eben. Was man machen kann, um die zufällige Belegung zu verdeutlichen, ist das Zeigen mehrerer Bilder, so wie in Bild 5.
fehlgeordnete Struktur :
Es soll hier nicht um die Auswirkungen im makroskopischen Bereich gehen. Vielmehr will ich darüber schreiben, welche Auswirkungen die Bildung abgeleiteter Strukturen bei der Beschreibung der Kristallstruktur hat. Das heißt auch, dass ich in diesem Abschnitt nicht über die Auswirkungen bei fehlgeordneten Strukturen schreibe. Das habe ich schon weiter oben getan. Fehlgeordnete Strukturen haben dieselbe Elementarzelle und dieselben Symmetrieelemente wie die zugehörigen geordneten Strukturen.
In Bild 6a sehen Sie eine Elementarzelle des NatriumchloridStrukturtyps. Bild 6b zeigt einen gleichgroßen würfelförmigen Ausschnitt eines Kristalls, in dem die Hälfte der NatriumIonen (violett gezeichnet) durch andere Ionen (hellblau gezeichnet) ersetzt wurde. Es ist dieselbe Situation wie in Bild 1.
Die Frage ist, ob Bild 6b eine Elementarzelle zeigt ? Wenn es so ist, müsste man den Würfel aus Bild 6b in alle 3 Raumrichtungen aneinanderreihen können und würde so den gesamten Kristall erhalten. In Bild 6c habe ich 2 Würfel der abgeleiteten Struktur eng nebeneinander gelegt. Wenn man die beiden Würfel ganz aneinander schiebt, kommt es zu Unstimmigkeiten. An der Nahtstelle sollten sowohl violette als auch hellblaue Kugeln sitzen, und das geht nicht. Die Elementarzelle der abgeleiteten Struktur ist also nicht würfelförmig, sondern doppelt so groß. In Bild 1b ist sie gezeichnet.
Bild 6 : Bild 6a zeigt eine Elementarzelle des NatriumchloridStrukturtyps, 6b einen Ausschnitt aus einem davon abgeleiteten Strukturtyp. Bild 6c zeigt, dass man die Ausschnitte aus 6b nicht aneinanderreihen kann. In Bild 6b ist keine Elementarzelle zu sehen.
Bild 7 : Der rote Pfeil stellt zwar für den NatriumchloridStrukturtyp (Bild 3a) eine vierzählige Drehachse dar, nicht aber für die abgeleitete Defektstruktur (Bild 7a). Nach Drehung um 90° wird die Elementarzelle nicht auf sich selbst abgebildet (Bild 7b). Im Gegensatz dazu ist der blaue Pfeil in Bild 7c auch für die Defektstruktur eine vierzählige Drehachse.
Ganz schnell bekommt man auf den Bildern 1 bis 5 den Eindruck, dass die abgeleiteten Strukturen weniger symmetrisch sind als die Grundstrukturen. Und der Eindruck täuscht nicht. Tatsächlich gehen bei der Bildung von abgeleiteten Strukturen oft Symmetrieelemente verloren.
Ein Beispiel ist die Defektstruktur aus Bild 3b. Sie hat dieselbe Elementarzelle wie die Grundstruktur in Bild 3a, aber eine vierzählige Drehachse ist verloren gegangen. Eine vierzählige Drehachse ist eine, bei der bei einer Drehung um 90° (also ein Viertel einer Volldrehung) der Gegenstand auf sich selbst abgebildet wird. In Bild 7a sehen Sie eine Elementarzelle der Defektstruktur mit rot eingezeichneter Achse. Sie verläuft parallel zur xAchse durch den Würfelmittelpunkt. Bild 7b zeigt die Elementarzelle nach einer 90°Drehung um diese Achse. Die Elementarzelle wurde nicht auf sich selbst abgebildet, so ist zum Beispiel die violette Kugel auf der Oberseite des Würfels auf die Vorderseite gelangt, wo vorher keine Kugel war. Die rote Achse ist also keine vierzählige Drehachse der Defektstruktur, während sie diese Rolle bei der Grundstruktur (Bild 3a) spielen konnte.
Viele andere Symmetrieelemente sind jedoch bei der Defektstruktur in Bild 7 erhalten geblieben, zum Beispiel die blau gezeichnete vierzählige Drehachse in Bild 7c (parallel zur yAchse durch die Würfelmitte). Und die rote Achse in Bild 7b ist zwar keine vierzählige, wohl aber noch eine zweizählige Drehachse.
Insgesamt kann man sagen, dass bei Bildung einer abgeleiteten Struktur Symmetrieelemente verloren gehen können, aber nicht müssen.
Abgeleitete Strukturen haben eine größere Elementarzelle oder niedrigere Symmetrie als die Grundstruktur oder beides.
Die folgenden Beispiele von abgeleiteten und fehlgeordneten Strukturen werden im Projekt Die Struktur der Stoffe besprochen.
Es gibt eine große Zahl von Strukturen, die von der kubisch dichtesten oder der hexagonal dichtesten Kugelpackung als Grundstruktur ausgehen, und bei denen durch Füllen aller oder eines Teils der Tetraeder oder der Oktaederlücken abgeleitete Strukturen entstehen.
Von vielen einfachen, übersichtlichen und häufig vorkommenden Strukturtypen gibt es abgeleitete Strukturen der unterschiedlichsten Art, außerdem fehlgeordnete Varianten. Ich habe diese auf eigenen Seiten zusammengestellt.
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