Eine Phase ist ein homogener Teil der Materie, der durch eine Grenzfläche von einem anderen homogenen Teil (d.h. einer anderen Phase) getrennt ist. Die Grenzfläche heißt auch Phasengrenze. An der Phasengrenze ändern sich physikalische Eigenschaften diskontinuierlich (d. h. sprunghaft).
Die Definition im vorigen Absatz ist schnell hingeschrieben. Aber wo finden wir in unserem Alltag und bei den Dingen, die wir benutzen, Phasen ?
Sobald sich 2 Stoffe berühren, die sich nicht mischen, bilden sich Phasen aus. Hier sind Beispiele :
Bild 1 : gefärbtes Wasser und Öl bilden 2 Phasen.
In Bild 1 sind 2 flüssige Phasen zu sehen. Im unteren Teil des Becherglases ist verdünnte NatriumhydroxidLösung (Natronlauge), die mit Phenolphthalein gefärbt wurde. Dies ist eine homogene Mischung, die vom Glas und der oberen Flüssigkeit durch eine Grenzschicht getrennt ist, also eine Phase. Darüber ist Paraffinöl. Es ist mit Wasser (und Natronlauge) nicht mischbar, sondern bildet zum Wasser hin eine Grenzschicht aus. Das Öl ist also die zweite Phase. Die Pinkfärbung oben auf dem Öl wird nur durch reflektiertes Licht hervorgerufen, nicht etwa durch eine dritte Schicht. Außerdem ist noch eine feste Phase (das Glas) und eine gasförmige Phase (die Luft) auf dem Bild. Beide sind homogen und bilden gegenüber den anderen Phasen Grenzschichten aus.
Der Stein in Bild 2 besteht aus vielen Hundert winzigen Kristallen. Die meisten sind deutlich kleiner als 1 mm, aber alle haben eine homogene Zusammensetzung und eine klare Grenze zu den Nachbarkristallen, sind also Phasen.
Zum Vergrößern klicken Sie den Text unter Bild 2 an. Sie sehen dann die Phasen viel deutlicher.
Bild 3 : Butter ist eine Emulsion.
Das Butterstück in Bild 3 scheint aus noch mehr Phasen zu bestehen. Butter ist eine Emulsion aus Fett und Wasser. Jedes der mikroskopisch kleinen Wassertröpfchen im Fett ist homogen und gegenüber dem Fett abgegrenzt. Aber sind es auch Millionen von Phasen, oder doch nur zwei ? Da Butter aus nur 2 verschiedenen Stoffen besteht (Fett und Wasser), sind es auch nur 2 Phasen.
Bild 4 : Schlieren beim Eingießen
Im Becherglas in Bild 4 ist nur eine einzige flüssige Phase. Sie ist entstanden, indem eine pinkfarbene
Flüssigkeit (nämlich mit Phenolphthalein gefärbte verdünnte NatriumhydroxidLösung) in Wasser getropft wurde.
Es ist aber noch keine vollständige Durchmischung eingetreten, sondern es haben sich Schlieren gebildet. Die Flüssigkeit
ist zwar nicht homogen, denn man kann mit bloßem Auge einzelne Bestandteile erkennen. Trotzdem bezeichnet man dieses
Gemisch als eine einzige Phase einfach deshalb, weil sich die Eigenschaften kontinuierlich, nicht sprunghaft
ändern, und weil es nach kurzem Umrühren (oder längerem Warten) homogen wird.
Bemerkung : Der Begriff der Phase ist also nicht absolut exakt, jedoch für praktische
Zwecke ausreichend genau definiert.
In einigen der Beispiele wurden Stoffgemische betrachtet, bei denen die Bestandteile fein ineinander verteilt waren. Auch Emulsionen, Suspensionen, Kolloide, Gesteine, Rauch sind solche Gemische. Hier treten viele Phasen, aber nur sehr wenige verschiedene Phasen auf.
Bei reinen Stoffen sind die Verhältnisse viel übersichtlicher, aber noch komplex genug, um interessant zu sein, und es stehen andere Aspekte der Definition der Phase im Vordergrund.
Die erste Frage ist : Wie kann denn ein einzelner Stoff mehrere Phasen bilden ? Bei der Antwort kommen wir zu den Aggregatzuständen, die ja das eigentliche Thema dieses Kapitels sind.
Bild 5 : feste und flüssige Phase des Wassers
Beispiel Wasser : Bild 5 zeigt Eiswürfel in Wasser. Zwischen den Eiswürfeln und dem Wasser ist eine klar definierte Grenze, die Eigenschaften (etwa Dichte und Lichtbrechung) ändern sich an dieser Grenze sprunghaft, und sowohl Eis als auch Wasser sind homogen. Es sind also 2 Phasen vorhanden, nämlich eine feste und eine flüssige.
Man sagt, Eis ist die feste Phase des Wassers, und Wasser seine flüssige Phase. Jeder kennt auch die gasförmige Phase des Wassers, den Wasserdampf. Auch wenn in einem Gefäß nur flüssiges Wasser ist (kein festes oder gasförmiges), kann man es flüssige Phase nennen.
Nicht nur Wasser, sondern auch andere Stoffe können eine feste, eine flüssige und eine gasförmige Phase bilden.
Hier fehlen
Bilder von
Diamant und Graphit.
Beispiel Kohlenstoff : Die beiden Bilder zeigen einen Graphitkristall und einen Diamant. Beide haben unterschiedliche Eigenschaften, sind aber fester Kohlenstoff. Legt man sie nebeneinander, bilden sie 2 Phasen (homogener Aufbau, Grenzfläche mit diskontinuierlicher Eigenschaftsänderung). Auch wenn man sie nicht nebeneinander legt, sind es 2 Phasen des Kohlenstoffs. Kohlenstoff hat also 2 feste Phasen.
Diamant und Graphit sind Modifikationen des Kohlenstoffs. Jetzt heißen sie plötzlich Phasen. Wo ist der Unterschied zwischen den beiden Begriffen ?
Modifikationen eines Stoffes sind immer dann auch Phasen dieses Stoffes, wenn sie zwar die gleiche stoffliche Zusammensetzung haben, aber Kristalle mit unterschiedlicher räumlicher Anordnung der kleinsten Teilchen (Atome, Ionen, Moleküle) bilden.
So zählt man zum Beispiel auch die Fullerene zu den Modifikationen des Kohlenstoffs. Sie bilden Moleküle mit den Formeln C60, C70 und andere. Damit haben sie eine andere Zusammensetzung als Diamant oder Graphit (die endlos ausgedehnte Kristalle mit der schlichten Formel C sind), sind also keine Phasen des Kohlenstoffs.
Vom Wasser kennt man 11 (feste) Modifikationen, von denen die meisten jedoch nur bei sehr hohen Drücken auftreten. Alle haben die Formel H2O, aber unterschiedliche Kristallstruktur. Wasser hat also 11 feste Phasen, außerdem natürlich noch die flüssige und die gasförmige.
Jeder Stoff tritt in (mindestens) einer festen Phase auf.
Jeder Stoff bildet, wenn er sich nicht vorher zersetzt, genau eine flüssige und genau eine gasförmige Phase.
Viele Stoffe können mehrere feste Phasen bilden. Diese haben unterschiedliche Eigenschaften, aber die gleiche
stoffliche Zusammensetzung.
Die verschiedenen Phasen eines Stoffes müssen nicht gemeinsam auftreten. Sie können das auch gar nicht immer, sondern nur unter bestimmten Bedingungen.
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